Kennt ihr das? Ihr erzählt einem Freund, eurer Arbeitskollegin, eurem Onkel, oder der Ärztin von euren Beschwerden. Also zum Beispiel davon, dass ihr eine bestimmte Diät einhalten müsst, manche Sachen nicht machen könnt oder andere wiederum machen müsst, weil eure chronischen Beschwerden sich sonst verschlimmern? Nicht selten fällt die Reaktion anders aus, als ihr euch das erhofft habt.
Wenn ich einem Freund oder meiner Ärztin davon erzähle, dass ich keinen Zucker essen kann und dann darauf erwidert wird „das könnte ich ja nicht“, mag die Intention dahinter zwar keine schlechte sein, aber weniger schmerzhaft, macht es das auch nicht. Und während ich nicht weiß, wie ich darauf reagieren soll, lache ich kurz und lenke das Thema in eine andere Richtung, weil ich merke, dass das Verständnis fehlt.
Das Schlimmste daran, ist aber nicht die Aussage selbst, sondern die Implikation die dahinter steckt: Die Annahme, dass es eine Wahl sei. Denn wäre es keine Wahl, würde die Frage des Könnens nie aufkommen. Wer die Entscheidung hat, kann sagen „nein das kann ich nicht“, aber wer die Entscheidung nicht hat, der hat diesen Luxus nicht, der kann nicht sagen er könne das nicht, denn es gibt kein Können, es gibt letztendlich nur ein Müssen.
Anstatt mit einem Lachen zu reagieren, würde ich gerne endlich einmal ehrlich sagen, wie sich das anfühlt: „Ich weiß, du meinst es nicht böse, aber mit der Aussage „das könnte ich ja nicht“, sagst du mir indirekt, dass ich eine Wahl hätte, und dass es bewundernswert ist, dass ich mich für so eine Lebensweise entschieden habe.
Und damit stellst du all meine Beschwerden, die Kraft die all das kostet, die Frustration und den Schmerz, der damit einhergehen, dass ich nunmal keine Wahl habe, all das was dahinter steckt, nämlich meine chronische Erkrankung in den Schatten, machst all das unsichtbar, weil du das ja echt nicht könntest, ich aber schon. Während es letztendlich keine Frage des Könnens ist, sondern nur eine Frage danach, wie ich es irgendwie schaffe, mit so wenigen Beschwerden, wie möglich zu leben. Mein Körper hat andere Anforderungen als deiner und der geht diesbezüglich leider keine Kompromisse ein, wenn ich ihm sage „Auf Zucker verzichten? Also das könnte ich jetzt aber nicht, dafür liebe ich Zucker zu sehr!“.“ Aber stattdessen lache ich einfach nur, weil ich keine Kraft habe, diese Diskussion zu führen.